Autor: Günter Köck

Von 12.-16. September hat in Bad Kleinkirchheim im Kärntner Teil des UNESCO Biosphärenparks „Salzburger Lungau und Kärntner Nockberge“ die diesjährige Konferenz der UNESCO-EuroMAB-Regionalgruppe stattgefunden. Die Tatsache, dass Österreich nach 2005 zum zweiten Mal den Zuschlag erhalten hat und damit das erste Land ist, das zwei EuroMAB-Meetings veranstalten konnte, zeigt das hohe Renommee der österreichischen MAB-Arbeit im internationalen MAB-Programm.

Unter dem Motto Tying cultures. Crossborder cooperation between societies and generations haben etwa 150 Delegierte aus 27 Staaten in einer Plenarveranstaltung und 14 Workshops unter anderem darüber diskutiert, wie die Zusammenarbeit und Kommunikation in und zwischen den Biosphärenparks und verschiedene Stakeholdern und Institutionen über Länder-, Generationen- und gesellschaftliche Grenzen verbessert werden kann.

Den idealen Auftakt für die Konferenz bildete der offizielle Empfang des Landes Kärnten, der im Beisein des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser und der Umweltlandesrätin Sara Schaar bei prachtvollem Wetter auf der Brunnachhöhe auf fast 2000 m Seehöhe stattfand. Dabei hatten die Teilnehmer*innen nicht nur die Gelegenheit, die Schönheit der Nockberge-Region zu überblicken, sondern bei traditioneller Volksmusik auch kulinarische Spezialitäten aus der Region zu verkosten.

Am nächsten Tag erfolgte die offizielle Eröffnung der Konferenz mit Begrüßungsworten von Meriem Bouamrane (MAB Sekretariat, UNESCO Headquarters, Paris), der Vorsitzenden des österreichischen MAB-Nationalkomitees Marianne Penker und dem Generalsekretär der Österreichischen UNESCO-Kommission Martin Fritz. Heinz Mayer präsentierte den Kärntner Teil des Biosphärenparks, während Arne Arnberger als Vizevorsitzender des österreichischen MAB-Nationalkomitees die österreichischen Biosphärenparks vorstellte. Danach folgten zwei Keynote-Vorträge sowie ein Round Table zum Konferenzthema „Tying cultures“. Der Spitzendiplomat Valentin Inzko, Kärntner Slowene und ehemaliger Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, legte dar, dass die Lage der Nockberge im südlichen Österreich nahe der Grenze zu Slowenien und der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien über viele Jahrhunderte hinweg einen regen kulturellen Austausch zwischen den Volksgruppen und Regionen ermöglicht hat, der mit großen Anstrengungen intensiviert wird. Gordana Beltram vom Slowenischen Ministerium für Umwelt und Raumplanung zeigte am Beispiel des im Jahr 2021 anerkannten Fünf-Länder Biosphärenpark „Mur-Drau-Donau“, der die Länder Österreich, Slowenien, Ungarn, Kroatien und Serbien verbindet, wie intensive Zusammenarbeit auf dem Naturschutzsektor über Staatsgrenzen hinweg auch Jahrzehnte politischer Auseinandersetzungen überwinden kann. Die beiden Keynotes haben gezeigt, dass die Nockberge aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrungen mit grenzüberschreitenden kulturellen Beziehungen den perfekten Rahmen für das Konferenzthema, nämlich für die Diskussion von Herausforderungen und Möglichkeiten grenzüberschreitender Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften und Generationen bieten.

Die Plenarveranstaltung bildete auch den passenden Rahmen für eine Round Table Diskussion anlässlich des 50-jährigens Jubiläums der Gründung des Österreichischen MAB-Nationalkomitees (siehe Link). Eine weitere Round Table Diskussion zum Thema "Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: Herausforderungen und Best Practice Beispiele" mit Vertretern des Triglav-Nationalparks, des Biosphärenparks Julische Alpen, des Geoparks Karawanken und der Nockberge sowie die Präsentation des internationalen Kooperationsprojekts "Transdisciplinary Education Collaboration for Transformations in Sustainability" (TRANSECTS) vervollständigten die Plenarveranstaltung. Das Konferenz-Dinner, in dessen Rahmen der langjährige österreichische Vertreter im MAB International Coordinating Council in Paris, Günter Köck, für seine Verdienste um das MAB-Programm gewürdigt wurde, fand auf der malerisch gelegenen Burg Landskron statt. An den folgenden beiden Tagen wurden insgesamt 14 Workshops (siehe Liste) zu für Biosphärenparks wichtige Themen durchgeführt.

 

Workshop Title

Chair/Co-Chair(s)

Cooperation between Biosphere Reserves across national and regional borders

Barbara Engels (Deutschland), Michael Jungmeier (Österreich) 

Large carnivores in Biosphere Reserves - challenges and conflicts: Challenges; How to deal with it? Methods for herd protection

Anatolie Risina (Moldawien), Stefan Lütke (Deutschland)

Neobiota in Biosphere Reserves: Challenges; How to deal with it? Methods for prevention/ removal / coexistence

Angelika Abderhalden (Schweiz), Harald Brenner (Österreich)

Status of Mountain Biosphere Reserves: Challenges; Partnerships; Research strategy

Pam Shaw (Kanada)

Transboundary Biosphere Reserves: Why and how? Governance; Partnerships among cross border BRs; TBBR of the future?
Friederike Weber (Deutschland), Gordana Beltram (Slowenien)

Sustainable agriculture and food in Biosphere Reserves: (Re)use of traditional knowledge for agricultural production and preparation of food; Agrobiodiversity; Biosphere Reserves and new EU Strategies (Farm to Fork Strategy; EU Biodiversity Strategy for 2030); Biocultural heritage

Anna Agostini (Italien), Catherine Cibien (Frankreich)

Renewable energies in Biosphere Reserves: Challenges and opportunities; Possible conflicts with nature conservation

Kari Natland (Norwegen), Ed Forrest (Irland) 

Urban sprawl/settlement development, land use and demographic changes in Biosphere Reserves

Katharina Gugerell (Österreich), Alicia May Donnellan Barraclough (Norwegen)

Mobility in Biosphere Reserves: Challenges, solutions (good practice examples) and the role of Biosphere Reserve Management

Andy Bell (England), Annette Schmid (Schweiz)

Biosphere Reserves products and services: Branding/labelling; Role of entrepreneurs

Eve Ferguson (Kanada), Ryo Kohsaka (Japan) 

Promoting research in Biosphere Reserves: Partnerships between Biosphere Reserves and Universities; How to promote the benefit of research for both Biosphere Reserves and Universities?

Petr Cupa (Tschechien), Erik Aschenbrand (Deutschland)

Biosphere Reserves as living laboratory for combating climate change

Gaëlle Tavernier (Luxemburg), Johannes Prüter (Deutschland)

Responsible Tourism in Biosphere Reserves: Code of practices; Visitor management and monitoring; How to measure whether people visit an area because it is a Biosphere Reserves? Role of ecotourism; Role of Biosphere Reserves as resource for human health and well-being

Simone Beck (Luxemburg), Kelly L. Cerialo (USA) 

Female Bee Keepers in Biosphere Reserves

Ivana Kovačević  (Slowenien)

 

Besonders begeistert gezeigt haben sich die Teilnehmer*innen über das neue Workshop-Konzept, das die Teilnehmer*innen dazu veranlasste, die Konferenzräumlichkeiten zu verlassen und direkt mit der Region und ihren Bewohner*innen in Interaktion zu treten. Beispielsweise wurde der Workshop „Status of Mountain Biosphere Reserves“ im Bauernbad „Karlbad“ durchgeführt. Das aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammende und als letztes seiner Art in den Ostalpen geltende Karlbad liegt auf 1693 m Seehöhe und besitzt keine Elektrizität. Die sieben Präsentationen mussten daher mündlich und mit Hand-outs durchgeführt werden. Die Gespräche mit Vertreter*innen der Region und die Exkursionen zu Best-Practice Beispiele beflügelte die Diskussion, worüber sich die 28 Workshop-Teilnehmer*innen sehr angetan gezeigt haben.

Ein traditionelles Highlight aller EuroMAB-Konferenzen ist der sogenannte „Ethnic Evening“, bei dem die Biosphärenparks der EuroMAB-Gruppe ihre Produkte präsentierten. In den Nockbergen geriet dieser Ethnic Evening, wohl nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich die Teilnehmer*innen nach drei Jahren endlich wieder persönlich treffen konnten, zu einem ganz besonderen Beispiel von Freundschaft, Kulinarik und Lebensfreude.

Ein großes Anliegen des Organisationsteams war es auch, jungen Menschen eine Stimme zu geben. Aus diesem Grund wurde zum ersten Mal auf einer EuroMAB-Konferenz ein eigenes, von der österreichischen UNESCO-Kommission finanziertes Jugendprogramm organisiert, mit dem 10 Jugendliche aus 9 Ländern in alle Veranstaltungen der Konferenz eingebunden waren. Bei der Schlussveranstaltung am letzten Konferenztag konnten die Jugendlichen ihre Eindrücke von der Veranstaltung, ihre Ideen sowie einen „Call for Action“ dem Plenum präsentieren. Dieser „Call for Action“ mit der Aufforderung, junge Menschen zukünftig immer in Biosphärenpark- und MAB-Belange einzubinden, wurde als Zeichen der Anerkennung für die Jugend von allen Anwesenden unterschrieben.

Darüber hinaus war es den Organisator*innen wichtig, Menschen und Unternehmen aus der Region sowie auch Biosphärenparks aus den Nachbarländern miteinzubeziehen. So etwa hat am ersten Veranstaltungstag eine Gruppe von etwa 30 Vertreter*innen aus dem Triglav Nationalpark und dem Biosphärenpark „Julische Alpen“ (Slowenien) teilgenommen.

Die nächste EuroMAB-Konferenz wird 2024 in Deutschland stattfinden. Die „Staffelübergabe“ erfolgte während der Schlussveranstaltung der Konferenz, wobei die Cheforganisatoren Heinz und Marlies Mayer eine handgemachte und mit Köstlichkeiten aus der Region gefüllte Schüssel aus Zirbenholz an die deutschen Kolleg*innen übergaben. Deutschland ist nun neben Delegierten aus Irland, Moldawien, Dänemark und Österreich auch neues Mitglied im fünfköpfigen EuroMAB Steering Committee, das seine Expertise in die strategischen Planung der nächste EuroMAB-Konferenz einbringen wird.

Im Anschluss an die Konferenz führte eine Exkursion eine Gruppe aus Kanada, Japan, der Schweiz und Österreich in die Julischen Alpen, in der Slowenien und Italien mit ihren beiden Biosphärenparks grenzüberschreitend eng kooperieren. Dabei wurde u.a. das slowenische Soča-Tal mit dem Trenta Nationalparkzentrum und der Jelinĉic Farm so wie das italienische Städtchen Venzone besucht, wo mit den Kolleg*innen aus den beiden Biosphärenparks ein reger Meinungsaustausch stattfand.

Zusammenfassend gesehen war die vom Biosphärenpark-Management Nockberge, dem Österreichischen MAB-Nationalkomitee und der Österreichischen UNESCO-Kommission organisierte und von der Kärntner Landesregierung und dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung unterstützte Konferenz ein großer Erfolg. Auch das Bemühen der Veranstalter, eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Veranstaltung mit kurzen Wegen zu organisieren, ist aufgegangen.

Das vollständige Konferenzprogramm findet sich auf der Konferenz-Homepage, die dankenswerterweise von Kati Heinrich vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung (IGF) in Innsbruck erstellt und betreut wurde: http://www.euromab2022.at/

 

 

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 Bild 1: Empfang auf der Brunnachhöhe (© BP Nockberge)

Bild 2: Eröffnung der Konferenz durch Meriem Bouamrane (MAB Sekretariat, UNESCO Hauptquartier Paris; © BP Nockberge)

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Bild 3: Galadinner auf der Burg Landskron (© BP Nockberge)

 Bild 4: Ehrung von Günter Köck in der Adler-Arena der Burg Landskron (© BP Nockberge)
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Bild 5: Workshop-Impressionen (© BP Nockberge)  Bild 6: Workshop-Impressionen (© BP Nockberge)
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  Bild 7: Workshop-Impressionen (© BP Nockberge)  Bild 8: Workshop-Impressionen (© BP Nockberge)
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Bild 9: Workshop der EuroMAB 2022 Jugendgruppe (© BP Nockberge) Bild 10: Workshop der EuroMAB 2022 Jugendgruppe (© BP Nockberge)
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Bild 11: Mitglieder der EuroMAB 2022 Jugendgruppe (© BP Nockberge) Bild 12: Teilnehmer*innen unterschreiben den Call4Action der EuroMAB   2022 Jugendgruppe (© BP Nockberge)

 

Weiterführende Informationen zu EuroMAB

Das EuroMAB-Netzwerk umfasst alle Staaten in Europa und Nordamerika, die am UNESCO Programm „Man and the Biosphere (MAB)“ und seinem Weltnetzwerk der Biosphärenparks teilnehmen. EuroMAB ist das größte und älteste der acht regionalen und sieben thematischen MAB-Netzwerke und stellt mit aktuell 308 Biosphärenparks in 41 Ländern nahezu die Hälfte der Biosphärenparks im aktuell aus 738 Modellregionen in 134 Ländern bestehenden Weltnetzwerk. EuroMAB ist eine Plattform, um Wissen, Know-How und Erfahrungen im Bereich nachhaltiger Entwicklung und Artenschutz zwischen Biosphärenpark-Manager*innen, Wissenschaftler*innen, den nationalen MAB-Komitees, den Vertreter*innen der UNESCO sowie Partnerorganisationen zu teilen.

Seit dem ersten Meeting im Jahr 1986 in České Budêjovice (Tschechien) treffen sich die Vertreter/innen der Biosphärenparks und der MAB Nationalkomitees der EuroMAB-Gruppe üblicherweise alle zwei Jahre. EuroMAB Konferenzen haben bisher in Minsk (Weißrussland, 1997), Cambridge (Großbritannien, 2000), Rom (Italien, 2002), Hernstein (Österreich, 2005), Antalya (Türkei, 2007), Stará Lesná (Slowakei, 2009), Lundsbrunn (Schweden, 2011), Brockeville (Kanada, 2013), Haapsalu (Estland, 2015), Sarlat-la-Canéda (Frankreich, 2017) und Dublin (Irland, 2019) stattgefunden. Die EuroMAB-Konferenzen sind damit für europäische und nordamerikanische Biosphärenpark-Manager*innen und Personen, die sich für das Konzept und die Anliegen des Weltbiosphärenparknetzwerks engagieren, nicht nur eine hervorragende Gelegenheit zum Networking, sondern auch eine perfekte Gelegenheit, sich für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die nachhaltige Entwicklung auf der ganzen Welt einzusetzen.